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© Kian Tabatabaei

„Die Augen der Frida Kahlo“ – Eine Kuratorenführung

Sie ist mittlerweile Kult: Die Malerin Frida Kahlo, 1954 verstorben, begeistert mit ihren Werken und ihrer Aura ein Millionenpublikum bis heute weltweit. Im Aachener Couvenmuseum gibt es derzeit eine außergewöhnlich Ausstellung, in der sich die Mitglieder des „Freundeskreis“ umgesehen haben. Bei einer exklusiven Führung durch die Kuratorin Carmen Roebers bekamen die Besucher einen tiefen Einblick in das Leben und Wirken der wohl bedeutendsten Malerin Lateinamerikas.

Allerdings gibt es in der Ausstellung keine Bilder der Deutsch-Mexikanerin zu sehen, sondern ein fotografische Interpretation durch den Fotografen Bert Loewenherz.

In der bekannten Schauspielerin Idil Üner fand der Lichtbildner eine ideale Darstellerin, um Fridas künstlerische Selbstbildnisse authentisch umzusetzen. So entstanden Bilder von Bildern der Künstlerin, wie sie sich gemalt hat. Entsprechende Kostüme sind in der Ausstellung ebenfalls zu sehen.

„Die Augen der Frida Kahlo“, so der Titel der Ausstellung, die noch bis Februar im Couvenmuseum in Aachen zu sehen ist, ist sehenswert. Mit der beeindruckenden Führung durch Carmen Roebers hatten die Besucher des Freundeskreis einen guten Einblick in den Kahlo-Kosmos bekommen.

Überall sind Augen. Solche, die einen verfolgen, nicht entkommen lassen und packen. Die Blicke wirken mal freudlos, mal verführerisch, mal leer, nie glücklich. Sie gehören Idil Üner, einer Schauspielerin aus Berlin. Und sie gehören Frida Kahlo aus Mexiko-Stadt, einer der bekanntesten Malerinnen des 20. Jahrhunderts. Der Berliner Fotograf Bert Loewenherz hat ihr ein Projekt gewidmet. Ab kommenden Samstag, 22. Oktober, bis zum 26. Februar ist das Ergebnis unter dem Titel „Die Augen der Frida Kahlo“ in den Räumen des Couven-Museums Aachen zu sehen – Fotografien, die Eindruck hinterlassen.

Seine erste Begegnung mit der Kunst von Frida Kahlo sei schockierend und zugleich faszinierend gewesen, sagt Loewenherz. Geradezu wie ein Besessener habe er sich anschließend in ihr Leben und Werk vertieft. Herausgekommen ist die Idee, Kahlos Selbstporträts zu reinszenieren – und zwei Fragen: Wie lässt sich surrealistische Malerei fotografisch umsetzen? Und gibt es eine Darstellerin, die Kahlos ikonische Selbstbildnisse verkörpern kann?

Auf der Internetseite einer Schauspielagentur sei er zufällig auf eine nur briefmarkengroße Aufnahme von Idil Üner gestoßen, erzählt Loewenherz. „Da wusste ich: sie oder keine.“ Die Schauspielerin, unter anderem bekannt aus der ARD-Kriminalfilmreihe „Mordkommission Istanbul“, ähnelt der Malerin äußerlich, doch viel wichtiger: Die zum Zeitpunkt der Ablichtung 39-Jährige vermag, die Tragik in Kahlos Werken, die schlummernden Gefühlsregungen, die sich die Künstlerin ins Gesicht gemalt hat, neu zu beleben. Insgesamt 20 Selbstporträts der Malerin hat Loewenherz in großformatige Fotografien überführt, 17 stellt das Couven-Museum nun aus. Seine Arbeiten seien keine Imitationen, sondern Interpretationen, eine Hommage, sagt Loewenherz.     

Als Sechsjährige erkrankte Frida Kahlo (1907 – 1954) an Kinderlähmung, als sie 18 war, bohrte sich bei einem Busunfall eine Eisenstange durch ihren Körper. Fortan lebte sie stark eingeschränkt und unter andauernden Schmerzen. Zweimal war sie mit dem mexikanischen Maler Diego Rivera verheiratet, sie hatte zahlreiche Liebschaften, unter anderem mit dem russischen Revolutionär Leo Trotzki, mit dem deutschen Kunstsammler Heinz Berggruen und der mexikanischen Schauspielerin Dolores del Río. Sie war Freiheitskämpferin und Vorbild für Feministinnen, litt unter Depressionen und war alkoholsüchtig. Selbstbewusst und verletzlich: Kahlos bewegtes und bewegendes Leben spiegelt sich in ihrer Kunst wider, vor allem in ihren 55 Selbstporträts.

„Selbstbildnis mit Dornenhalsband“ heißt eines der bekanntesten Kahlo-Werke mit unmittelbaren biografischen Bezug. Nach ihrer Trennung von Rivera malte sie sich 1940 mit reichlich christlicher und aztekischer Symbolik. Eine Dornenkette liegt um ihren Hals, ein Affe sitzt auf der einen, eine Katze auf der anderen Schulter. Als Märtyrerin blickt sie anscheinend gleichgültig frontal auf die Betrachtenden.

Im fotografischen Pendant verstärkt Loewenherz diese Motive und Effekte. Er hat den Affen durch eine zweite Katze ersetzt, zwischen Üners Fingern steckt eine Marihuana-Zigarette. „Es schauen einen ganz viele Augen an. Das irritiert. Man fühlt sich beobachtet und befangen. Und das ist genau das, was Frida will“, sagt der 63-Jährige mit Blick auf seine Interpretation.

Das Projekt hat Loewenherz nach zweimonatiger Vorbereitungszeit an drei Tagen an drei verschiedenen Orten in Berlin realisiert. Zusätzlich hat er einen umfangreichen Katalog erstellt, in dem er über Kahlos Leben und Wirken sowie seine Interpretationen referiert. Der Katalog kann im Couven-Museum erworben werden. Frida Kahlo ist nicht die erste Künstlerin, deren Porträts Loewenherz reinszeniert hat. Er hat unter anderem bereits Werke der Bildhauer Wilhelm Lehmbruck und Auguste Rodin neu interpretiert.

Termin:

Uhrzeit:

Ort:

Preis:

Montag, 19. Dezember 2022

17.30 Uhr (Dauer ca. 1,5 Stunden)

Hühnermarkt 17, 52062 Aachen

für Freundeskreis-Mitglieder kostenlos

© Couven-Museum Aachen

Couven-Museum

„Ich lache den Tod aus, damit er mich nicht so leicht kriegt“

Exotik mitten im Bürgertum: Die kühle Rebellin steht im Kontrast zum Ambiente des 18. und frühen 19. Jahrhunderts im Couven-Museum. Das verbindende Thema zu den Gemälden dieser Zeit: Selbstdarstellung. Schmuckloser Raum, leerer Blick: Viele Selbstporträts von Fida Kahlo und damit auch viele Neuinterpretationen von Bert Loewenherz thematisieren die Tragik in Kahlos Leben. In einem Entstehungsfilm samt Interview, das in einem der vielen Räume im Couven-Museum angesehen werden kann, erfahren die Besucherinnen und Besucher alles über die den Aufwand der Produktion und die Detailversessenheit des Fotografen.

Starke Symbole, viele Chiffren: Kahlos Werke sorgen mitunter für Kopfzerbrechen bei Laien wie bei Fachleuten. Vor allem ihr Doppel-Selbstporträt „Die Zwei Fridas“ lässt bis heute keine eindeutige Interpretation zu. Loewenherz ist überzeugt, dass das Gemälde ihre duale Persönlichkeit zeigen soll, entsprechend hat er es reinszeniert.

„Ich lache den Tod aus, damit er mich nicht so leicht kriegt“, soll Kahlo einmal gesagt haben. Ihr Verhältnis und Haltung zu Krankheit und Tod ist das Thema dieser Bild-Inszenierung.

Ihre Begleitung an diesem Tag

Museumsleitung und Kuratorin

Carmen Roebers

Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Baugeschichte an der RWTH Aachen University. An ihr wissenschaftliches Volontariat im Karlsjahr 2014 und im Centre Charlemagne – Neues Stadtmuseum Aachen schloss sich eine Tätigkeit als freie Mitarbeiterin an. Seit 2016 ist sie als Kuratorin im Centre Charlemagne tätig und leitet seit Oktober 2019 das Couven Museum. © Andreas Herrmann

Fotos

© Manfred Kistermann