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© Harald Krömer

Ein Rendezvous mit großer Kunst: Kombiführung durch drei Ausstellungen im Kunsthaus NRW

Im Kunsthaus NRW ist alles neu und alles anders: Erstmals seit der Coronavirus-Pandemie und der Flutkatastrophe im vergangenen Sommer kann Kurator Marcel Schumacher Haus und Garten in Aachen-Kornelimünster wieder komplett bespielen, und er tut das mit der vollen Wucht seiner Sammlung. Zwei neue Ausstellungen und eine komplett neue, deutlich erweiterte Sammlungspräsentation, in der das Kunstschaffen des Landes Nordrhein-Westfalen seit 1948 kontinuierlich zusammentragen wurde, sind seit Mai, im Kunsthaus zu sehen.

Neu hinzugekommen in der weitläufigen Anlage sind sogar noch zwei sehr ungewöhnliche und nach der Renovierung fast noch provisorisch anmutende Ausstellungsräume: das ehemalige Brauhaus und die ehemalige Klosterküche. Im Brauhaus hat Silke Schatz unter dem Namen „Campfire II“ („Lagerfeuer“) neue Fundstücke aus Manheim zu einem wehmütigen Stelldichein angeordnet – eine Bank, eine geknickte Straßenlaterne und übergroße trockene Pflanzen erinnern an das Leben in dem wegen des heranrückenden Tagebaus verlassenen Ort.

Lassen Sie sich von Kurator Marcel Schumacher fachkundig durch die drei Ausstellungen begleiten. Wir wünschen viel Vergnügen!

„Gemeinschaft und Gemeinschaften“

Herausfordernder ist die Kunst in der Klosterküche mit einem von Martin Brands Foto- und Filmporträts junger Menschen aus den 2000er Jahren, einer verunsicherten Generation, die auf der Suche nach sich selbst und nach Gemeinschaft ist. Auch Alisa Bergers Installation „Behind the Curtain“ („Hinter dem Vorhang“) von 2018 trifft den richtigen Ton im Zusammenspiel mit dem schummrigen Kreuzgewölbe. Mit Technomusik und Stroboskop-Licht erzählt die in Russland geborene und in Köln lebende Künstlerin von Unfreiheit und Repression in Ländern, die ehemals hinter dem eisernen Vorgang lagen.

Beide Arbeiten sind Förderankäufe des Landes und gehören in die Ausstellungsreihe „…/21.“, die das Kunsthaus im vergangenen Sommer gestartet hat und mit der einmal im Jahr die jüngsten Ankäufe präsentiert werden. Nun also die Ausstellung „22/21.“, die unter dem Motto „Gemeinschaft und Gemeinschaften“ Arbeiten junger Künstlerinnen und Künstler versammelt, die mit Installationen, Videos und Performances zur Auseinandersetzung mit der demokratischen Gesellschaft anregen.

Neben den Werken von Brand und Berger erscheint hier herausragend „Waves of Worship (WOW)“ („Wellen der Anbetung“) von Vanja Smiljanic, die sich spielerisch mit verschiedenen Ideologien und dem dazugehörigen Fahnenschwenken auseinandersetzt. Silke Schönfelds Zwölf-Minuten-Film „Ein Prozent – imagined communities“, der die Versammlungsorte der rechten Szene im Osten wie Stillleben zeichnet, ist für Marcel Schumacher ein „besonderes Highlight für die Sammlung“.

„Garten der Fragmente“

Ein Highlight im Skulpturengarten ist Vera Lossaus Riesen-„Zauberwürfel“, frisch entstanden und frisch angekauft. Die Fragmente bilden ein meterlanges Band von geometrischen Figuren, die zum Sitzen und Rätseln einladen. Das von Silke Schatz zusammengetragene Manheimer Pflanzenarchiv hat als Schenkung seinen endgültigen Platz im Garten gefunden. Um Fragmente, nämlich die von „Kunst am Bau“ geht es in der Arbeit von Sebastian Freytag. Seine Ideen für Erhalt und/oder Neudefinition dieser durch Abriss akut bedrohten Kunstgattung sind im Skulpturenmagazin zu sehen. Unter anderem: Wandreliefs oder Skulpturen sichtbar in einem der zukünftigen Tagebau-Seen zu versenken.

„Sammlung mit losen Enden“

Gut 100 Kunstwerke sind in der der neuen, weitläufigen Sammlungsausstellung in eine gemeinsame Erzählung gebracht – die vom „Aufbrechen“ handelt und selbstredend „lose Enden“ hat, wie Schumacher betont. Die Kapitel beginnen mit dem Aufbruch nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und dem daraus resultierenden Beginn der Sammlung 1948, als Förderankäufe für viele Künstler einfach lebensnotwendig waren.

Dem Aufbrechen der Sehgewohnheiten in der jungen Nachkriegsgeneration wird dabei ebenso Raum gewidmet wie dem Hinterfragen derselben in den 1970er Jahren. Den Ausgangspunkt bilden Werke der in Düsseldorf 1958 gegründeten Gruppe „Zero“. Neben Günther Uecker und Otto Piene ist hier das gesamte Who is who der deutschen Nachkriegskünstler versammelt – von Mary Bauermeister über Heinrich Campendonk und K.O. Götz bis zu Gerhard Richter und Wolf Vostell.

Für sie alle war Nordrhein-Westfalen der „Mutterboden“, von dem aus sie ihre teils atemberaubenden Karrieren starteten. Wer ihren Werdegang, ihr Ringen im Umgang mit den Brüchen, Katastrophen und Umwälzungen des 20. und 21. Jahrhunderts folgen will, ist im Kunsthaus NRW bestens aufgehoben.

Für einen Museumsbesuch bitten wir Sie weiterhin Abstand zu halten, die Hygieneregeln zu beachten und im Innenraum eine Maske zu tragen.
Bitte orientieren Sie sich an den aktuellen Vorgaben des Landes NRW: www.land.nrw/corona

© Heike Lachmann

Kunsthaus NRW

Das Kunsthaus NRW ist in der prächtigen Klosterresidenz der alten Reichsabtei Kornelimünster untergebracht

Das Gebäude wurde 1721-1728 von Abt Alfons Hyazinth Graf von Suys errichtet. Die zahlreichen barocken Deckengemälde und Stuckaturen zeugen vom Machtanspruch des Abts. In den Paraderäumen erzählen die Bilder den Weg einer verstorbenen Seele zur Erlösung, denn durch diese Zimmer wurden Pilger auf dem Weg zu den Christusreliquien in die Kirche geleitet.

Video-Trailer "Ein Museum in der alten Klosterresidenz"

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Fotos

Fotos © Heike Stockem