In anderen Jahren sehnte sich Leipertz nach Wasser, dem sonst „wachstumslimitierenden Faktor“. In diesem Jahr gibt es ausreichend Wasser, stellenweise sogar zu viel. Speziell in der Köln-Aachener-Bucht habe es überproportionale Sommerniederschläge gegeben, sagt er. „Die Rübe ist keine Reispflanze, sondern stammt aus dem Mittelmeerraum. Die kann gut ab, wenn es heiß oder trocken ist, aber mag nicht mit den Füßen im Wasser stehen“, bringt es Leipertz auf den Punkt.
Der viele Niederschlag sorgt nun dafür, dass die Rüben große Blätter bilden, um damit möglichst viel Sonnenlicht abzubekommen, das sie für die Fotosynthese benötigen. Der Blattapparat sei also wegen des mangelnden Sonnenscheins in diesem Jahr überdimensioniert, sagt Leipertz. Angesichts der Pflanzen, die ihm mit großen Blättern weit das Bein hinaufragen, spricht er schmunzelnd von „BBZA“ – „Blatt bis zum Arsch“.
Dass der Blattapparat doppelt so groß ist wie in anderen Jahren, sorgt aber nicht für doppelt so viel Zucker. Leipertz: „Alle Energie, die ins Blatt geht, steht für den Rübenkörper, den wir ernten wollen, nicht zur Verfügung.“
Proberodungen aus 23 Parzellen haben ergeben, dass 30 Tonnen pro Hektar geerntet werden könnten. Ein schwacher Wert. Aber 2021 sei er anfangs ähnlich niedrig gewesen, sagt Optimist Leipertz, und trotzdem habe es am Ende fast die beste Ernte der vergangenen Jahre gegeben. „Wer den längsten Atem hat, holt am Ende die Goldmedaille“, meint der Experte. „Mit ein bisschen Wärme und Licht ist da noch viel möglich.“
Und wenn es dann los geht mit der Rübenernte, wird die Kampagne voraussichtlich rund 110 Tage dauern, prognostiziert er. Im vergangenen Jahr waren es exakt 99 Tage. Wieso die Differenz? „Dieses Mal haben wir nicht mehr Rüben, sondern werden keine wegorganisieren“, erklärt Leipertz. Um angesichts der kritischen Gasversorgung im vergangenen Winter die Produktion sicherzustellen, hatte Pfeifer & Langen zehn Tage „gespart“, indem Rüben statt in die Jülicher Fabrik nach Appeldorn und Euskirchen geliefert wurden, um vor Weihnachten die letzten Rüben zu verarbeiten.
Die verarbeitete Rübenmenge und die Dauer der Kampagne richte sich nach der Nachfrage der Kunden, erklärt Leipertz die Hintergründe. „Um im Rheinland den Rübenzuckerbedarf zu decken und unsere Kunden zu bedienen, können wir noch die eine oder andere Tonne Rüben mehr brauchen“, sagt er und erklärt, dass die Kunden im Sinne der Nachverfolgbarkeit immer häufiger auf Rübenzucker bestünden, statt importierten Rohrzucker zu verwenden. So den bestehenden Kundenstamm zu halten, sei das Ziel, nicht mit der Konkurrenz in den Verdrängungswettbewerb zu gehen. „Wir werden nicht unlimitiert Mengen annehmen“, stellt er klar, „sondern so viel produzieren, wie der Markt verträgt. Unlimitiert Rüben wird’s bei Pfeifer & Langen im Rheinland nicht geben. Eine Überproduktion macht keinen Sinn und dient niemandem.“