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© Marco Rose

Zu Gast in der begehbaren Skulptur von Künstler Wolfgang Nestler

Begeistert waren die Mitglieder des Freundeskreis beim Besuch in der begehbaren Skulptur des Künstlers Wolfgang Nestler in Kalterherberg. Der Bildhauer erzählte lustig von seinem Leben, seinen Begegnungen mit Künstlern und Weggenossen. Er präsentierte mit Hilfe seiner Bildhauer-Kollegin Christel Blömeke seine eigenen Werke und erklärte seine Sicht auf die Kunst und das Leben. Beeindruckend für die Gäste war vor allem das Atelier des gelernten Schmieds und späteren Professors. Das Haus im Eifelörtchen Kalterherberg ist gebaut nach den Plänen des bekannten Bildhauers Erwin Heerich und eine Kopie des Kassenhaus der Kunst-Insel Hombroich nahe Neuss. Es gilt als begehbare Skulptur. Nestler nennt sein Heim einen „Maschinenraum der Kunst“ , in dem „offenes Denken“ möglich sei.

Seinen Gedanken zur Kunst in Allgemeinen und zur Bildhauerei im Besonderen liess Wolfgang Nestler beim Besuch des Freundeskreis freien Lauf. Gleich zu Beginn des schönen Atelier-Nachmittags verteilte Nestler an die Besucher Knetmasse, damit sie mit ihren eigenen Händen ein persönliches  kleines Kunstwerk formen konnten. Liebevoll hatte der ehemalige, bald 80-jährige Professor anschauliches Informationsmaterial für seine Gäste vorbereitet, das sie mit nach Hause nehmen konnten.

Fazit: Eine gelungene Veranstaltung des Freundeskreis

Erwin Heerich, der große Bildhauer der Nachkriegszeit, der als Schüler von Ewald Mataré an der Düsseldorfer Kunstakademie parallel zu Beuys die deutsche Kunst wieder zu internationalem Ansehen führte, wird bzw. wurde zu seinem Ende November fälligen 100. Geburtstag mit zwei bemerkenswerten Ausstellungen bedacht:

Im Schloss Moyland, wo die Brüder van der Grinten neben Beuys schon früh auch Heerich sammelten, warf Kurator Alexander Grönert bis Mitte Oktober einen nachgerade erhellenden Blick auf Heerichs frühes Werk und auf der Insel Hombroich und der sich anschließenden Raketenstation stehen naturgemäß die feldbrandsteinernen Häuser, Heerichs „begehbare Skulpturen“ im Mittelpunkt einer mit Werken aus dem dort verwahrten Nachlass des Künstlers gespickten Ausstellung (bis 30. Oktober zu sehen).    

Ein wenig vom Glanz dieses Jubiläums fällt auch ins beschauliche Dörfchen Kalterherberg, wo Wolfgang Nestler lebt und arbeitet. Er war einer der ersten Schüler Heerichs, später einer seiner engsten Freunde. Wir besuchen den 79-jährigen Bildhauer im Dezember in seinem Atelier, mit dem es eine besondere Bewandtnis hat.

Es ist „ein Heerich“

Roter Ziegelstein leuchtet um die Ecke, biegt man zwischen den ortsüblichen Hecken auf das Grundstück, auf dem massiv und zugleich leicht das Ateliergebäude gegen den Himmel aufragt. Wir sind gekommen, weil es „ein Heerich“ ist – eine begehbare Skulptur, ein Doppel des in den frühen 1980er Jahren entstandenen Kassenhauses auf Hombroich, erdacht aus dem gleichen Geist, identisch in seinen Volumen, und doch grundverschieden.

Heerich hat die Idee der „bewohnbaren“ Skulptur seinem Schüler, Freund und Kollegen, der nun seit 45 Jahren im Hohen Venn heimisch ist, geschenkt. Und später, nachdem Nestler das Gebäude im Verlauf des Jahres 2000 mit erheblicher Eigenarbeit erstellt hatte, dazu den von Nestler überlieferten Satz gesagt: „Es ist gelungen“. Heerich war oft hier, erzählt der Hausherr. Nicht nur während der Bauarbeiten, auf deren Fortschritt er immer wieder durch Planänderungen direkten, spontanen Einfluss nahm.

So änderten sich immer wieder die Größen der Fenster, nahm die Glasfront, die auf Hombroich fehlt, ihre beeindruckende Raster-Gestalt an. Überhaupt hebt sich das Atelier, das heute von Nestlers Kunst überbordet, durch etliche Besonderheiten gegenüber dem Vorbild auf Hombroich ab.

Weniger heimelig gedrungen, im Gegenteil hoch und licht wirkt der Raum, der durch seinen klaren rechten Winkel und das nach innen geneigte Pultdach eine große Klarheit erhält. Hier in der Eifel entwickelt der massive Stützbalken, der die Dachlast auf die Wände abführt, gestalterische Präsenz. In Hombroich ist er hinter einer Querwand für Besucher unsichtbar.

Das Atelier hat neben dem großen Werk- und Lebensbereich einen abgetrennten und separat beheizbaren Wohnraum mit Empore für eine Bibliothek erhalten, ist an einer Seite unterkellert. Anpassungen an die praktischen Notwendigkeiten.

Wovon Nestler schwärmt, ist, was er die „Seele des Hauses“ nennt. Jenen Geist eines „Maschinenraums der Kunst“, in dem ein „offenes Denken“ möglich ist. Oder vom „Zauber des Maßes“, der dieser begehbaren Skulptur innewohne. Nestler selbst hat in seiner Kunst mit Heerich die Hingabe ans Material, die Wurzeln in der handwerklichen Grundausbildung, die Klarheit der Proportion gemein.

Schon bevor er 1967 an die Akademie ging, war Heerich im Düsseldorfer „Seminar für werktätige Erziehung“ sein Lehrer. Auch Nestlers Schüler haben in teils mehrtägigen Arbeitsphasen die Aura des Ateliers erleben dürfen. Nestler holt nicht nur in den großen Fenster-Durchbrüchen die Natur in sein Atelier.

Eine Wetterfahne auf dem Dach überträgt per Achsgestänge den Wind ins Innere, indem sie eine metallene Schlauchschlange auf dem Holzbohlenboden in Bewegung versetzt.

Von Armin Kaumanns

Termin:

Uhrzeit:

Ort:

Preis:

Samstag, 3. Dezember 2022

15 Uhr (Dauer ca. 1,5 Std.)

Atelier Wolfgang Nestler, Messeweg 83, 52156 Monschau

für Freundeskreis-Mitglieder kostenlos

© Marco Rose

Bildhauer Wolfgang Nestler

Der 79jährige Wolfgang Nestler war einer der ersten Schüler des großen Bildhauers der Nachkriegszeit Erwin Heerich

Wolfgang Nestler wuchs in Witten an der Ruhr auf und machte am dortigen Städtischen Gymnasium für Jungen Witten Abitur. Von 1967 bis 1973 studierte er an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf; er war Meisterschüler bei Erwin Heerich. Von 1972 bis 1977 war er als Kunsterzieher am Couven-Gymnasium in Aachen tätig. Von 1987 bis 1989 hatte er eine Professur an der Universität Siegen und von 1990 bis 2007 war er Professor für Plastik und Bildhauerei an der Hochschule der Bildenden Künste Saar in Saarbrücken.

Zahlreiche seiner Arbeiten befinden sich im öffentlichen Raum, unter anderem sechs Plastiken beim Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung in Bonn, eine Stahlplastik in der Bundesgartenschau Stuttgart und eine Steinskulptur als Mahnmal für die Opfer des Naziregimes in Krefeld. Bei der Documenta in Kassel war Nestler zweimal vertreten. Seit vielen Jahren lebt er in Kalterherberg.

Kurzportrait Wolfgang Nestler

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Fotos

© Manfred Kistermann